Aufgrund des wachsendes Verkehrs und dem Bedarf einer Direktverbindung in Richtung Wunsiedel und Marktredwitz kam es zum Bau der Lokalbahn von Selb nach Holenbrunn (an der Hauptstrecke von Hof über Marktredwitz nach Regensburg). Mit dem Bau dieser Lokalbahn ging die Verlegung des Bahnhofsareals in den Norden der Stadt einher. Damit beginnt die neuere Geschichte der Eisenbahn in Selb. Die Lokalbahn nach Holenbrunn wurde am 1. Mai 1914 eröffnet. Das für eine Nebenbahn sehr repräsentative Empfangsgebäude des Bahnhofes wurde vom Architekten Professor Fritz Klee konstruiert und ist bis auf einige wenige Details heute noch original erhalten. Es steht unter Denkmalschutz.
Die sehr umfangreichen Gleisanlagen des Bahnhofs Selb Stadt erstreckten sich ehemals über eine Länge von ca. 700 m. Sechs Bahnhofsgleise mit Nutzlängen bis zu 283 m lagen vor dem Empfangsgebäude. Dabei lag Gleis 6 entlang einer Freiladerampe und war an seinem östlichen Ende über eine Weichenverbindung an eine Kopframpe angeschlossen. Gleis 1 lag in westlicher Richtung vom Empfangsgebäude wegführend an der Rampe der neuen Güterabfertigung. Die originale Güterhalle wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. In seiner weiteren Fortsetzung endete Gleis 1 im Ausziehgleis des Güterbahnhofes, nun als Gleis 9 bezeichnet. Dieses Gleis 9 wurde erst 1952 zusammen mit dem Bau des Stellwerks errichtet.
Der Güterbahnhof bestand aus sechs Lade-, bzw. Abstellgleisen mit bis zu 165 m Nutzlänge. Als Zusatzausrüstung waren in Gleis 10 eine Straßenrolleranlage eingebaut, von wo aus Güterwaggons hauptsächlich für die sogenannte "Papiermühle" (eine am Selbbach gelegene Papierfabrik) aufgeladen wurden. Außerdem waren noch ein Lademaß (Gleis 11), eine Gleiswaage (Gleis 14) sowie ein Überladekran (Gleis 14) vorhanden.
Eine weitere Straßenrolleranlage, im Volksmund auch "Culemeyeranlage" genannt, wurde um 1960 im Gleis 6b angelegt. Von hier aus wurden Güterwagen zur Firma Bohemia Cristal, der früheren Porzellanfabrik Krautheim, zugestellt. Diese Art der Wagenzustellung wurde in Selb als einer der letzten Straßenrollerbetriebe Deutschlands erst im Jahr 1995 eingestellt. Die große Unterstellhalle für die Kaelble-Zugmaschine des "Culemeyers" existiert heute noch oberhalb des östlichen Bahnhofkopfs. Unterhalb dieser Halle befanden sich zudem noch zwei Tanksäulen für Diesellokomotiven, die Anfang der 90er Jahre entfernt wurden.
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